Lot Nr. 514


Marc Chagall *


Marc Chagall * - Klassische Moderne

(Witebsk 1887–1985 Saint Paul de Vence)
Fleurs, 1924, links unten signiert Marc Chagall, Öl auf Leinwand, 72 x 57 cm, ger.

Fotozertifikat:
Comité Marc Chagall, Paris, Archiv-Nr. 2016067 F, Paris, 4. Oktober 2016

Provenienz:
Sammlung Max Gevers (1884-1944), Antwerpen
Sammlung Baron de Schaetzen, Belgien
Sammlung Baron Léon Lambert (1929-1987), Brüssel
Christie’s New York, Important modern paintings and sculpture from the Lambert Collection, 12. Mai 1987, Lot 6
Sotheby’s London, 4. April 1989, Lot 56
Galleria Marescalchi, Bologna, 1990
Galleria La Torre, Mailand
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Galerie Barbazanges Hodebert, Paris, Ausst.-Kat. Nr. 37
Brüssel, Palais des Beaux-Arts / Paleis voor Schone Kunsten, 28.04.-21.05.1935
Hamburg, Kunstverein in Hamburg, 6. Februar – 22. März 1959
Diese mit Unterstützung von UNESCO organisierte Ausstellung wanderte nach München, Haus der Kunst (7. April – 31. Mai 1959), und Paris, Musée des Arts Décoratifs (14. Juni – Ende September 1959), Ausst.-Kat. Seite 38, Nr. 73 mit Abb. (auf der Rückseite Klebezettel)
Knokke-le-Zoute, Hommage à Marc Chagall, Rétrospective, Casino 1. Juli-15. September 1961

Literatur:
Franz Meyer, Marc Chagall. La Vita e l’Opera, M. Du Mont Schauberg, Köln, 1961, Il Saggiatore. Mailand 1962, Nr. 375 mit Abb.

Blumensträuße spielen eine prominente Rolle in der Arbeit des Künstlers und Dichters Marc Chagall. Sein Leben lang betrachtete er leuchtende Blüten als einen Ausdruck von Freude.

„Fleurs“ aus 1924 markiert einen Wendepunkt in Marc Chagalls kreativem Schaffen. Im Jahr 1923, nachdem er die furchtbaren Jahre des Ersten Weltkriegs hinter sich gelassen hatte, zog er von seinem Geburtsland Russland nach Paris und tauchte in die vor Leben sprudelnde und künstlerisch nährhafte Atmosphäre der französischen Hauptstadt ein. Der künstlerische Charme der Stadt war ihm keineswegs fremd: Paris selbst, die Farben der Fauvisten und die Magie des Kubismus hatten ihn bereits bei einem früheren Besuch vor Ausbruch des Krieges wie eine Welle erfasst und beeinflusst. Während die russische Kultur und Gesellschaft die Grundlage für Chagalls Kunst bildeten, war die „ville lumière“, wie er Paris nannte, lebensnotwendig für deren Weiterentwicklung. Sein Ausdruck war geprägt von einem leidenschaftlichen Blick für Schönheit und Natur. „Der Boden, welcher die Wurzeln meiner Kunst genährt hat, war Witebsk, aber meiner Kunst brauchte Paris – so, wie ein Baum Wasser braucht – ansonsten wäre sie verwelkt“, meinte Marc Chagall.

Chagalls reiches Oeuvre ist gekennzeichnet durch einige wiederkehrende Themen, die in seinen Gemälden immer wieder auftauchen, vor allem die kraftvolle und alles bezwingende Stärke von Liebe, Religion und Natur. Letztere spielt eine Schlüsselrolle in der Arbeit des Künstlers; ihre kreative Kraft und explosive Energie ist in jedem seiner Bilder spürbar.
Die Natur erscheint mit der lebendigen Leuchtkraft und der kraftvollen chromatischen Intensität der „Fleurs“ von 1924, wo noch geschlossene, weiße Knospen und frisch geöffnete Blüten ihr kirschrotes Herz offenbaren und in saftigem Farbglanz in einer kleinen Blumenvase erstrahlen, wobei sie vermeintlich den ganzen Raum überwuchern und mit ihrer leuchtenden Fröhlichkeit fast gänzlich einzunehmen scheinen. Neben der Vase, vor einem dunklen, blaustichigen Hintergrund, liegt ein Buch, dessen Farbe das Rot und Weiß der Blumen aufgreift. Vielleicht handelt es sich um eine Bibel, welche Chagall als die wichtigste Quelle der Poesie betrachtete.
Sie begleitete seine Arbeit sein gesamtes Leben hindurch.
Blumensträuße waren ein bevorzugtes, wiederkehrendes Motiv Chagalls bis in seine späten Lebensjahre, doch er hatte erst Mitte der 1920er damit begonnen, sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Wie James Johnson Sweeney in seinem Buch „Chagall“ (New York, 1946) erzählt: „Es war 1924 in Toulon, erinnert sich Chagall, als der Charme französischer Blumen ihn erstmals traf. Er behauptet, in Russland keine Blumensträuße gekannt zu haben...Und wenn er Blumen malte, so sei es, als ob er eine Landschaft malen würde. Blumen stellten für ihn Frankreich dar (...). Er sagte, dass Blumen, besonders wenn sie in Sträußen mit kleinen Blüten zusammenkomponiert werden, eine Vielzahl an zarten Farbkombinationen und einen Fundus an verschiedensten Texturen und Maserungen in sich bergen, die mehr und mehr Chagalls Aufmerksamkeit erregten. Chagall hatte bis zu seinem Tod frische Schnittblumen in seinem Studio.

Die „Fleurs“ aus 1924 sind kein Stillleben. An Chagalls Blumensträußen ist nichts Klassisches.
Sie sind Zeugnisse einer tiefen Liebe zur Natur, eines Ausdrucks von Freude, ein Symbol für das Leben und ein Zeichen von Hoffnung. In ihnen spiegeln sich die Emotionen und Wahrnehmungen des Künstlers wider, sie verdeutlichen gewissermaßen den Sinn des Lebens in Feuerwerken aus Farbe: „Farbe ist etwas, das in dir wohnt. Sie hat nichts mit Malstilen oder Präsentationsformen zu tun; selbst meisterhafte Pinselführung hat keinen Einfluss auf sie. Farbe, nicht Technik, bringt den Charakter und die Botschaft des Künstlers zum Ausdruck.“ (Marc Chagall, New York, 1946) Direkt aus einer Privatsammlung stammend, verströmt dieses Blumengemälde eines der größten Künstler moderner Kunst auf subtile Art und Weise ein Gefühl von Staunen, strahlende Farbenpracht und Energie – eine innewohnende Kraft, die über seinen vergoldeten Rand hinauspulsiert.

23.11.2016 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 1.022.500,-
Schätzwert:
EUR 750.000,- bis EUR 1.000.000,-

Marc Chagall *


(Witebsk 1887–1985 Saint Paul de Vence)
Fleurs, 1924, links unten signiert Marc Chagall, Öl auf Leinwand, 72 x 57 cm, ger.

Fotozertifikat:
Comité Marc Chagall, Paris, Archiv-Nr. 2016067 F, Paris, 4. Oktober 2016

Provenienz:
Sammlung Max Gevers (1884-1944), Antwerpen
Sammlung Baron de Schaetzen, Belgien
Sammlung Baron Léon Lambert (1929-1987), Brüssel
Christie’s New York, Important modern paintings and sculpture from the Lambert Collection, 12. Mai 1987, Lot 6
Sotheby’s London, 4. April 1989, Lot 56
Galleria Marescalchi, Bologna, 1990
Galleria La Torre, Mailand
Europäische Privatsammlung

Ausgestellt:
Galerie Barbazanges Hodebert, Paris, Ausst.-Kat. Nr. 37
Brüssel, Palais des Beaux-Arts / Paleis voor Schone Kunsten, 28.04.-21.05.1935
Hamburg, Kunstverein in Hamburg, 6. Februar – 22. März 1959
Diese mit Unterstützung von UNESCO organisierte Ausstellung wanderte nach München, Haus der Kunst (7. April – 31. Mai 1959), und Paris, Musée des Arts Décoratifs (14. Juni – Ende September 1959), Ausst.-Kat. Seite 38, Nr. 73 mit Abb. (auf der Rückseite Klebezettel)
Knokke-le-Zoute, Hommage à Marc Chagall, Rétrospective, Casino 1. Juli-15. September 1961

Literatur:
Franz Meyer, Marc Chagall. La Vita e l’Opera, M. Du Mont Schauberg, Köln, 1961, Il Saggiatore. Mailand 1962, Nr. 375 mit Abb.

Blumensträuße spielen eine prominente Rolle in der Arbeit des Künstlers und Dichters Marc Chagall. Sein Leben lang betrachtete er leuchtende Blüten als einen Ausdruck von Freude.

„Fleurs“ aus 1924 markiert einen Wendepunkt in Marc Chagalls kreativem Schaffen. Im Jahr 1923, nachdem er die furchtbaren Jahre des Ersten Weltkriegs hinter sich gelassen hatte, zog er von seinem Geburtsland Russland nach Paris und tauchte in die vor Leben sprudelnde und künstlerisch nährhafte Atmosphäre der französischen Hauptstadt ein. Der künstlerische Charme der Stadt war ihm keineswegs fremd: Paris selbst, die Farben der Fauvisten und die Magie des Kubismus hatten ihn bereits bei einem früheren Besuch vor Ausbruch des Krieges wie eine Welle erfasst und beeinflusst. Während die russische Kultur und Gesellschaft die Grundlage für Chagalls Kunst bildeten, war die „ville lumière“, wie er Paris nannte, lebensnotwendig für deren Weiterentwicklung. Sein Ausdruck war geprägt von einem leidenschaftlichen Blick für Schönheit und Natur. „Der Boden, welcher die Wurzeln meiner Kunst genährt hat, war Witebsk, aber meiner Kunst brauchte Paris – so, wie ein Baum Wasser braucht – ansonsten wäre sie verwelkt“, meinte Marc Chagall.

Chagalls reiches Oeuvre ist gekennzeichnet durch einige wiederkehrende Themen, die in seinen Gemälden immer wieder auftauchen, vor allem die kraftvolle und alles bezwingende Stärke von Liebe, Religion und Natur. Letztere spielt eine Schlüsselrolle in der Arbeit des Künstlers; ihre kreative Kraft und explosive Energie ist in jedem seiner Bilder spürbar.
Die Natur erscheint mit der lebendigen Leuchtkraft und der kraftvollen chromatischen Intensität der „Fleurs“ von 1924, wo noch geschlossene, weiße Knospen und frisch geöffnete Blüten ihr kirschrotes Herz offenbaren und in saftigem Farbglanz in einer kleinen Blumenvase erstrahlen, wobei sie vermeintlich den ganzen Raum überwuchern und mit ihrer leuchtenden Fröhlichkeit fast gänzlich einzunehmen scheinen. Neben der Vase, vor einem dunklen, blaustichigen Hintergrund, liegt ein Buch, dessen Farbe das Rot und Weiß der Blumen aufgreift. Vielleicht handelt es sich um eine Bibel, welche Chagall als die wichtigste Quelle der Poesie betrachtete.
Sie begleitete seine Arbeit sein gesamtes Leben hindurch.
Blumensträuße waren ein bevorzugtes, wiederkehrendes Motiv Chagalls bis in seine späten Lebensjahre, doch er hatte erst Mitte der 1920er damit begonnen, sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Wie James Johnson Sweeney in seinem Buch „Chagall“ (New York, 1946) erzählt: „Es war 1924 in Toulon, erinnert sich Chagall, als der Charme französischer Blumen ihn erstmals traf. Er behauptet, in Russland keine Blumensträuße gekannt zu haben...Und wenn er Blumen malte, so sei es, als ob er eine Landschaft malen würde. Blumen stellten für ihn Frankreich dar (...). Er sagte, dass Blumen, besonders wenn sie in Sträußen mit kleinen Blüten zusammenkomponiert werden, eine Vielzahl an zarten Farbkombinationen und einen Fundus an verschiedensten Texturen und Maserungen in sich bergen, die mehr und mehr Chagalls Aufmerksamkeit erregten. Chagall hatte bis zu seinem Tod frische Schnittblumen in seinem Studio.

Die „Fleurs“ aus 1924 sind kein Stillleben. An Chagalls Blumensträußen ist nichts Klassisches.
Sie sind Zeugnisse einer tiefen Liebe zur Natur, eines Ausdrucks von Freude, ein Symbol für das Leben und ein Zeichen von Hoffnung. In ihnen spiegeln sich die Emotionen und Wahrnehmungen des Künstlers wider, sie verdeutlichen gewissermaßen den Sinn des Lebens in Feuerwerken aus Farbe: „Farbe ist etwas, das in dir wohnt. Sie hat nichts mit Malstilen oder Präsentationsformen zu tun; selbst meisterhafte Pinselführung hat keinen Einfluss auf sie. Farbe, nicht Technik, bringt den Charakter und die Botschaft des Künstlers zum Ausdruck.“ (Marc Chagall, New York, 1946) Direkt aus einer Privatsammlung stammend, verströmt dieses Blumengemälde eines der größten Künstler moderner Kunst auf subtile Art und Weise ein Gefühl von Staunen, strahlende Farbenpracht und Energie – eine innewohnende Kraft, die über seinen vergoldeten Rand hinauspulsiert.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Klassische Moderne
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.11.2016 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 12.11. - 23.11.2016


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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