Lot Nr. 753 #


Franz West *


(Wien 1947–2012)
Paßstück, um 1975, diverse Materialien, u. a. Holz (?), Gips, Kunstharz, Gaze, ca. 32 x 76 x 53 cm, (Variante-kleiner Abb. links), (K)

Registriert:
Franz West Privatstiftung Archiv, Wien

Provenienz:
Aus einer Sammlung, USA

Textcollage zu den Paßstücken 1980

Da ich mich nicht gerne wiederhole... -aus einem Interview im Wiener, Juni 1980

Es könnte eigentlich die Darstellung von Neurosen sein. Ich behaupte, daß es so ausseh’n würde, wenn man Neurosen sähe. Es hat auch eine gewisse Ähnlichkeit zu den Kultobjekten, die man in Afrika trägt. Polyester, ein typischer Stoff von hier, und es ist kein Kultgerät, sondern eine Neurose, die man hier hat, was ungefähr aus demselben Ursprung kommt, ich glaub’, ich hab das irgendwo gelesen.
In dem Akt, sich sowas anzuziehen oder umzuhängen, ruht etwas Kritisierbares, sowohl vom spießigen wie auch vom kunstkennermäßigen Standpunkt könnte man sagen: ”ein bißl deppert.” Diese Kritizibilität hab’ ich völlig übergangen, was einen Effekt ergibt, den mancher bemerkt.

-aus der Einladung der Galerie nächst St. Stephan, März 1980 Sie bilden den potentiellen Versuch einer Formgebung neurotischer Symptome. Ihre Funktion als Paßstücke für den menschlichen Körper (die Haltung, die man dazu assoziiert) erlaubt unter anderem die Umkehrung von Leonardo da Vincis Einsicht, die Gesichtsmuskulatur gäbe als Projektion des übrigen Muskelsystems Ausdruck über den Zustand psychischer Befindlichkeit, wenn ich die Interpretation von Bruno Gironcoli richtig verstanden habe. Ihre Beziehung zu den jeweiligen Trägern verleiht den Objekten zusätzliche Dimension. Ich nenne die Paßstücke mit menschlichen Körpern Kunst.

... möchte ich mit dem hier Geäußerten einen weiteren Hinweis zufügen. Diese Objekte sind keineswegs bloß Installationen des Kunstbetriebs, sondern solche der uns an den Kopf geworfenen Wirklichkeit. Sie sind ein Offert an die individuelle wie kollektive Deutung. Sie sind auch ein Versuch des Abbaus der vorherrschenden Interpretationsarbeitslosigkeit.

Franz West schrieb, Texte von 1975–2010 Hans Ulrich Obrist und Ines Turian, Verlag der Buchhandlung Walther König, 2005

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at

10.06.2015 - 19:00

Erzielter Preis: **
EUR 66.462,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Franz West *


(Wien 1947–2012)
Paßstück, um 1975, diverse Materialien, u. a. Holz (?), Gips, Kunstharz, Gaze, ca. 32 x 76 x 53 cm, (Variante-kleiner Abb. links), (K)

Registriert:
Franz West Privatstiftung Archiv, Wien

Provenienz:
Aus einer Sammlung, USA

Textcollage zu den Paßstücken 1980

Da ich mich nicht gerne wiederhole... -aus einem Interview im Wiener, Juni 1980

Es könnte eigentlich die Darstellung von Neurosen sein. Ich behaupte, daß es so ausseh’n würde, wenn man Neurosen sähe. Es hat auch eine gewisse Ähnlichkeit zu den Kultobjekten, die man in Afrika trägt. Polyester, ein typischer Stoff von hier, und es ist kein Kultgerät, sondern eine Neurose, die man hier hat, was ungefähr aus demselben Ursprung kommt, ich glaub’, ich hab das irgendwo gelesen.
In dem Akt, sich sowas anzuziehen oder umzuhängen, ruht etwas Kritisierbares, sowohl vom spießigen wie auch vom kunstkennermäßigen Standpunkt könnte man sagen: ”ein bißl deppert.” Diese Kritizibilität hab’ ich völlig übergangen, was einen Effekt ergibt, den mancher bemerkt.

-aus der Einladung der Galerie nächst St. Stephan, März 1980 Sie bilden den potentiellen Versuch einer Formgebung neurotischer Symptome. Ihre Funktion als Paßstücke für den menschlichen Körper (die Haltung, die man dazu assoziiert) erlaubt unter anderem die Umkehrung von Leonardo da Vincis Einsicht, die Gesichtsmuskulatur gäbe als Projektion des übrigen Muskelsystems Ausdruck über den Zustand psychischer Befindlichkeit, wenn ich die Interpretation von Bruno Gironcoli richtig verstanden habe. Ihre Beziehung zu den jeweiligen Trägern verleiht den Objekten zusätzliche Dimension. Ich nenne die Paßstücke mit menschlichen Körpern Kunst.

... möchte ich mit dem hier Geäußerten einen weiteren Hinweis zufügen. Diese Objekte sind keineswegs bloß Installationen des Kunstbetriebs, sondern solche der uns an den Kopf geworfenen Wirklichkeit. Sie sind ein Offert an die individuelle wie kollektive Deutung. Sie sind auch ein Versuch des Abbaus der vorherrschenden Interpretationsarbeitslosigkeit.

Franz West schrieb, Texte von 1975–2010 Hans Ulrich Obrist und Ines Turian, Verlag der Buchhandlung Walther König, 2005

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst, Teil 1
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 10.06.2015 - 19:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.05. - 10.06.2015


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.