Lot Nr. 7 #


Flämischer Hofmaler, tätig in Italien im späten 16. Jahrhundert


Flämischer Hofmaler, tätig in Italien im späten 16. Jahrhundert - Alte Meister

Bildnis einer rotgekleideten Dame mit Halskrause,
Öl auf Holz, 40 x 26,7 cm, gerahmt

Provenienz:
Sir Percy Malcolm Stewart, 1st Baronet (1872-1951), The Lodge, Sandy, Bedfordshire;
im Erbgang an den Vorbesitzer

Das vorliegende Gemälde gehörte zu einer bedeutenden Sammlung von englischen Porträts der Tudor- und Stuartzeit, die sich im Besitz von Sir Percy Stewart befand. Sir Percy hinterließ einen Teil dieser Sammlung dem National Trust, der sie heute in Montacute House, South Somerset, ausstellt.

Das Gemälde galt ehemals als Werk von François Clouet oder seiner Schule. Heute wissen wir (wir danken Alexandra Zvereva für ihre Hilfe), dass es flämischen Ursprungs ist. Es gehört zu einer Gruppe kleinformatiger weiblicher Porträts und war vermutlich Bestandteil einer „Galerie der Schönheiten“, wie sie zu dieser Zeit an den europäischen Höfen sehr populär waren. Innerhalb dieses internationalen Phänomens ist es in Anbetracht der Idealisierung schwierig, einzelne Künstler oder die Namen der dargestellten Damen zu identifizieren. Im vorliegenden Fall kann der Maler möglicherweise anhand von Vergleichen identifiziert werden. Das Gemälde ist vermutlich von der selben Hand wie ein am 4. Juli 2012 bei Christie’s, London, als Lot 109 versteigertes Porträt, darstellend möglicherweise die Sultanin Haseki Hürrem, genannt Roxelane. Dieses basiert mit großer Wahrscheinlichkeit auf einem verlorenen Porträt Tizians. Es ist beschriftet: DI MANO FIAM(MINGO). Ein weiteres Beispiel aus dieser Gruppe ist ein Damenbildnis, welches auf Bronzino basiert und am 6. Dezember 2005 bei Sotheby’s, London, Lot 560, als „Florentine School ca. 1580“ versteigert wurde. Die Dargestellte wurde als Mitglied des Hauses Medici identifiziert. Einige stilistische und technische Übereinstimmungen dieser Bilder sprechen dafür, dass sie zusammen gehören und wohl von ein und dem selben Künstler stammen. Bei ihm könnte es sich um einen flämischen Maler handeln, der an italienischen Höfen tätig war. Ein offensichtlich auch in diese Gruppe gehörendes Gemälde befindet sich im Palazzo Ducale in Mantua (vgl. B. W. Meijer, Repertory of Dutch and Flemish Paintings in Italian Public Collections, Bd. 2, Teil 2, Florenz 2002, S. 98) und wird dem flämischen Maler Jean (Giannino) Bahuet (Lüttich um 1552–1597 Mantua) zugeschrieben, der Hofmaler des Herzogs Vincenzo I. Gonzaga war.

Bahuet war nahezu ausschließlich mit solchen idealisierten Frauenporträts beschäftigt, die der Herzog in einer „Galerie der Schönheiten“ präsentierte. Darüber hinaus schuf er zahlreiche Kopien nach Bildnissen, die er an den benachbarten Höfen fand. Bekanntlich wurde auch Rubens während seines Aufenthaltes in Mantua vom Herzog mit der Erstellung von Kopien nach berühmten Vorlagen beauftragt. Bereits 1575 wird Bahuet in Florenz dokumentiert, wo er Porträts des Großherzogs Francesco I. und seiner Tochter Eleonora de’ Medici kopierte (vgl. V. Pagani, Notes on a Flemish Portraitist at the Court of Vincenzo Gonzaga, in: The Burlington Magazine, vol. 129, Nr. 1007, Februar 1987, S. 110-115). Nach Bahuets Tod 1597 blieb seine Position bis zum Eintreffen des jüngeren Frans Pourbus (1600) vakant.

Die meisten von Bahuets Arbeiten sind verschollen, dennoch versucht man heute, sein Oeuvre zu rekonstruieren. Die rückseitige Aufschrift: DI MANO FIAM(MINGO) auf dem 2012 versteigerten Porträt der Roxelane bezieht sich vermutlich nicht nur auf die Nationalität des Malers, sondern auch auf seinen Namen. In den Rechnungsbüchern des herzoglichen Palastes in Mantua finden sich Hinweise auf Zahlungen an „M. Gio Fiamingo“. Der unbekannte Autor eines um 1575 in Rom entstandenen Sonnetts preist Bahuets heute verschollenes Porträt der Vittoria Velli Cavalieri (um 1546–1615) und vergleicht seine Kunst mit der von Jacopino del Conte.

Wir danken Marta Privitera, die eine alternative Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Lorenzo dello Sciorino vorschlug.

Provenienz:
Sir Percy Malcolm Stewart, 1st Baronet (1872-1951), The Lodge, Sandy, Bedfordshire;
Sir Ronald Stewart, 2nd Baronet (1903–1999);
im Erbgang an den jetzigen Eigentümer

Das vorliegende Gemälde gehörte zu einer bede

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

21.04.2015 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 66.462,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Flämischer Hofmaler, tätig in Italien im späten 16. Jahrhundert


Bildnis einer rotgekleideten Dame mit Halskrause,
Öl auf Holz, 40 x 26,7 cm, gerahmt

Provenienz:
Sir Percy Malcolm Stewart, 1st Baronet (1872-1951), The Lodge, Sandy, Bedfordshire;
im Erbgang an den Vorbesitzer

Das vorliegende Gemälde gehörte zu einer bedeutenden Sammlung von englischen Porträts der Tudor- und Stuartzeit, die sich im Besitz von Sir Percy Stewart befand. Sir Percy hinterließ einen Teil dieser Sammlung dem National Trust, der sie heute in Montacute House, South Somerset, ausstellt.

Das Gemälde galt ehemals als Werk von François Clouet oder seiner Schule. Heute wissen wir (wir danken Alexandra Zvereva für ihre Hilfe), dass es flämischen Ursprungs ist. Es gehört zu einer Gruppe kleinformatiger weiblicher Porträts und war vermutlich Bestandteil einer „Galerie der Schönheiten“, wie sie zu dieser Zeit an den europäischen Höfen sehr populär waren. Innerhalb dieses internationalen Phänomens ist es in Anbetracht der Idealisierung schwierig, einzelne Künstler oder die Namen der dargestellten Damen zu identifizieren. Im vorliegenden Fall kann der Maler möglicherweise anhand von Vergleichen identifiziert werden. Das Gemälde ist vermutlich von der selben Hand wie ein am 4. Juli 2012 bei Christie’s, London, als Lot 109 versteigertes Porträt, darstellend möglicherweise die Sultanin Haseki Hürrem, genannt Roxelane. Dieses basiert mit großer Wahrscheinlichkeit auf einem verlorenen Porträt Tizians. Es ist beschriftet: DI MANO FIAM(MINGO). Ein weiteres Beispiel aus dieser Gruppe ist ein Damenbildnis, welches auf Bronzino basiert und am 6. Dezember 2005 bei Sotheby’s, London, Lot 560, als „Florentine School ca. 1580“ versteigert wurde. Die Dargestellte wurde als Mitglied des Hauses Medici identifiziert. Einige stilistische und technische Übereinstimmungen dieser Bilder sprechen dafür, dass sie zusammen gehören und wohl von ein und dem selben Künstler stammen. Bei ihm könnte es sich um einen flämischen Maler handeln, der an italienischen Höfen tätig war. Ein offensichtlich auch in diese Gruppe gehörendes Gemälde befindet sich im Palazzo Ducale in Mantua (vgl. B. W. Meijer, Repertory of Dutch and Flemish Paintings in Italian Public Collections, Bd. 2, Teil 2, Florenz 2002, S. 98) und wird dem flämischen Maler Jean (Giannino) Bahuet (Lüttich um 1552–1597 Mantua) zugeschrieben, der Hofmaler des Herzogs Vincenzo I. Gonzaga war.

Bahuet war nahezu ausschließlich mit solchen idealisierten Frauenporträts beschäftigt, die der Herzog in einer „Galerie der Schönheiten“ präsentierte. Darüber hinaus schuf er zahlreiche Kopien nach Bildnissen, die er an den benachbarten Höfen fand. Bekanntlich wurde auch Rubens während seines Aufenthaltes in Mantua vom Herzog mit der Erstellung von Kopien nach berühmten Vorlagen beauftragt. Bereits 1575 wird Bahuet in Florenz dokumentiert, wo er Porträts des Großherzogs Francesco I. und seiner Tochter Eleonora de’ Medici kopierte (vgl. V. Pagani, Notes on a Flemish Portraitist at the Court of Vincenzo Gonzaga, in: The Burlington Magazine, vol. 129, Nr. 1007, Februar 1987, S. 110-115). Nach Bahuets Tod 1597 blieb seine Position bis zum Eintreffen des jüngeren Frans Pourbus (1600) vakant.

Die meisten von Bahuets Arbeiten sind verschollen, dennoch versucht man heute, sein Oeuvre zu rekonstruieren. Die rückseitige Aufschrift: DI MANO FIAM(MINGO) auf dem 2012 versteigerten Porträt der Roxelane bezieht sich vermutlich nicht nur auf die Nationalität des Malers, sondern auch auf seinen Namen. In den Rechnungsbüchern des herzoglichen Palastes in Mantua finden sich Hinweise auf Zahlungen an „M. Gio Fiamingo“. Der unbekannte Autor eines um 1575 in Rom entstandenen Sonnetts preist Bahuets heute verschollenes Porträt der Vittoria Velli Cavalieri (um 1546–1615) und vergleicht seine Kunst mit der von Jacopino del Conte.

Wir danken Marta Privitera, die eine alternative Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Lorenzo dello Sciorino vorschlug.

Provenienz:
Sir Percy Malcolm Stewart, 1st Baronet (1872-1951), The Lodge, Sandy, Bedfordshire;
Sir Ronald Stewart, 2nd Baronet (1903–1999);
im Erbgang an den jetzigen Eigentümer

Das vorliegende Gemälde gehörte zu einer bede

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 21.04.2015 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 11.04. - 21.04.2015


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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