Lot Nr. 101 #


Tiziano Vecellio Umkreis


(um 1488/90-1576) Hügelige Landschaft mit Flusstal, im Hintergrund eine Burgruine, Feder in Braun auf Bütten, 14,3 x 29,5 cm, auf feines Japan kaschiert, vertikaler Riss durch die Blattmitte sowie ein Mittelbug restauriert, gebräunt, etwas fleckig, Passep., o. R., (Sch)

Provenienz: Sir Peter Lely (1618-1680), Lugt 2093; Johnathan Richardson senior (1665-1745), Lugt 2184; Edward Bouverie (1767-1858), Lugt 325; Dorotheum Wien, 29.4.1924, Los 324; Dr. Arthur Feldmann (1877-1941); Gilhofer Ranschburg, Wien, 28.6.1934, Los 304 (unverkauft zurück an Dr. Feldmann); 15.3.1939 Beschlagnahme durch GESTAPO; Privatsammlung Wien; Dorotheum Wien, 29.3.1989 Los 855; Albertina Wien, Inv. Nr. 40000; 3.10.2008 Beschluss zur Restitution an die Erben nach Dr. Arthur Feldmann; 2008-2013 an die Erben.

Literatur: W. Suida, Tizian, Zürich/ Leipzig 1933, S. 77, Tafel CXXII a); L. Fröhlich-Bum, "Studien zu Handzeichnungen der italienischen Renaissance. Fünf unbekannte Zeichnungen des Andrea del Sarto", in: Jahrbuch der k. k. Sammlungen, Neue Folge, Bd. 2, 1928, S. 195, Abb. 264; Auktionskatalog Gilhofer & Ranschburg, Wien, 28.6.1934, Los 304, S. 35; Michael Jaffé, The Devonshire Collection of Italian Drawings. Venetian and North Italian Schools, London 1994, Kat. 744, S.44.

Die lange und bedeutende Provenienz des Blattes, das einst im Besitz von Sir Peter Lely (1618-1680), Jonathan Richardson senior (1665-1745) und Edvard Bouverie (1767-1858) war, belegt die große Wertschätzung und Bedeutung, die man der Zeichnung bereits seit dem 17. Jahrhundert beigemessen hat. In der kunsthistorischen Literatur wurde die Zeichnung erstmals von L. Fröhlich-Bum 1928 mit einer Zuschreibung an Giovanni Girolamo Savoldo publiziert (Fröhlich-Bum 1928, S. 195, Abb. 264). W. Suida publizierte die Zeichnung 1933 (Tafel CXXII a) mit einer neuen Zuschreibung an Tizian und erwähnt dabei zwei vergleichbare Zeichnungen im British Museum (Inv. 1895,0915.8832, "Festung auf einem Berg", Feder in Braun, 13,6 x 27,6 cm; Inv. 1895,0915.818, "Hl. Eustachius(od. Hl. Hubertus?) in einer Landschaft“, Feder in Braun, 21,6 x 13,6 cm): “Reine Landschaftszeichnungen gab es ehemals wohl mehr als wir heute kennen. Eine der schönsten, die Federzeichnung des Louvre (Suida 1993, Tafel CCVVV b), ist von L. Fröhlich-Bum zuerst ihrer grossen Qualität nach gewürdigt worden. Eine weiträumig wirkende Landschaftszeichung der Sammlung Dr. Feldmann in Brünn, in alter Zeit schon Tizian zugeschrieben, füge ich hinzu. Der charakteristische zackige Felsen hat mit dem des ’Tempelganges der Maria’ Ähnlichkeit.” Die von Suida vorgeschlagene Zuschreibung an Tizian ist jedoch nach heutiger Forschungslage nicht mehr gültig. Laut Prof. Bernard Aikema stammt die vorliegende Zeichnung vermutlich von einem venezianischen Künstler aus dem nahen Umkreis Tizians und dürfte in den Jahren 1530–1540 entstanden sein. Der weite Landschaftsprospekt mit einer Ruine im Hintergrund mit den als Repoussoirmotiv an den linken Bildrand gesetzten Bäumen, erinnert an die Landschaftshintergründe in Gemälden von Palma Vecchio (1480–1528), Bernardino Licinio (1489–1565) und Giovanni Cariani (1485–1547). Ähnlich komponierte Landschaftszeichnungen finden sich auch bei Domenico Campagnola (1484–1550). Ein vergleichbarer Zeichenduktus findet sich auch im Hintergrund einer Palma Vecchio zugeschriebenen Federzeichnung zur “Hl. Familie mit dem Johannesknaben und der Hl. Katharina” im British Museum (Inv. 1895,0915.810), einer ebenfalls Palma Vecchio zugeschriebenen Skizze in brauner Feder zur “Madonna mit Kind und einem Stifterpaar” im Teyler Museum, Haarlem (Inv. B 021). Ebenso finden sich Ähnlichkeiten mit zwei Bonifazio de’ Pitati zugeschriebenen Studien zur “Madonna mit Kind und Heiligen” in den Sammlungen der Chatsworth-Library (vgl. Jaffé 1994, Kat. 744 a, b).

Wir danken Prof. Bernard Aikema für die wissenschaftliche Unterstützung in der Zuschreibung der vorliegenden Zeichnung.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at

28.04.2014 - 17:00

Schätzwert:
EUR 8.000,- bis EUR 12.000,-

Tiziano Vecellio Umkreis


(um 1488/90-1576) Hügelige Landschaft mit Flusstal, im Hintergrund eine Burgruine, Feder in Braun auf Bütten, 14,3 x 29,5 cm, auf feines Japan kaschiert, vertikaler Riss durch die Blattmitte sowie ein Mittelbug restauriert, gebräunt, etwas fleckig, Passep., o. R., (Sch)

Provenienz: Sir Peter Lely (1618-1680), Lugt 2093; Johnathan Richardson senior (1665-1745), Lugt 2184; Edward Bouverie (1767-1858), Lugt 325; Dorotheum Wien, 29.4.1924, Los 324; Dr. Arthur Feldmann (1877-1941); Gilhofer Ranschburg, Wien, 28.6.1934, Los 304 (unverkauft zurück an Dr. Feldmann); 15.3.1939 Beschlagnahme durch GESTAPO; Privatsammlung Wien; Dorotheum Wien, 29.3.1989 Los 855; Albertina Wien, Inv. Nr. 40000; 3.10.2008 Beschluss zur Restitution an die Erben nach Dr. Arthur Feldmann; 2008-2013 an die Erben.

Literatur: W. Suida, Tizian, Zürich/ Leipzig 1933, S. 77, Tafel CXXII a); L. Fröhlich-Bum, "Studien zu Handzeichnungen der italienischen Renaissance. Fünf unbekannte Zeichnungen des Andrea del Sarto", in: Jahrbuch der k. k. Sammlungen, Neue Folge, Bd. 2, 1928, S. 195, Abb. 264; Auktionskatalog Gilhofer & Ranschburg, Wien, 28.6.1934, Los 304, S. 35; Michael Jaffé, The Devonshire Collection of Italian Drawings. Venetian and North Italian Schools, London 1994, Kat. 744, S.44.

Die lange und bedeutende Provenienz des Blattes, das einst im Besitz von Sir Peter Lely (1618-1680), Jonathan Richardson senior (1665-1745) und Edvard Bouverie (1767-1858) war, belegt die große Wertschätzung und Bedeutung, die man der Zeichnung bereits seit dem 17. Jahrhundert beigemessen hat. In der kunsthistorischen Literatur wurde die Zeichnung erstmals von L. Fröhlich-Bum 1928 mit einer Zuschreibung an Giovanni Girolamo Savoldo publiziert (Fröhlich-Bum 1928, S. 195, Abb. 264). W. Suida publizierte die Zeichnung 1933 (Tafel CXXII a) mit einer neuen Zuschreibung an Tizian und erwähnt dabei zwei vergleichbare Zeichnungen im British Museum (Inv. 1895,0915.8832, "Festung auf einem Berg", Feder in Braun, 13,6 x 27,6 cm; Inv. 1895,0915.818, "Hl. Eustachius(od. Hl. Hubertus?) in einer Landschaft“, Feder in Braun, 21,6 x 13,6 cm): “Reine Landschaftszeichnungen gab es ehemals wohl mehr als wir heute kennen. Eine der schönsten, die Federzeichnung des Louvre (Suida 1993, Tafel CCVVV b), ist von L. Fröhlich-Bum zuerst ihrer grossen Qualität nach gewürdigt worden. Eine weiträumig wirkende Landschaftszeichung der Sammlung Dr. Feldmann in Brünn, in alter Zeit schon Tizian zugeschrieben, füge ich hinzu. Der charakteristische zackige Felsen hat mit dem des ’Tempelganges der Maria’ Ähnlichkeit.” Die von Suida vorgeschlagene Zuschreibung an Tizian ist jedoch nach heutiger Forschungslage nicht mehr gültig. Laut Prof. Bernard Aikema stammt die vorliegende Zeichnung vermutlich von einem venezianischen Künstler aus dem nahen Umkreis Tizians und dürfte in den Jahren 1530–1540 entstanden sein. Der weite Landschaftsprospekt mit einer Ruine im Hintergrund mit den als Repoussoirmotiv an den linken Bildrand gesetzten Bäumen, erinnert an die Landschaftshintergründe in Gemälden von Palma Vecchio (1480–1528), Bernardino Licinio (1489–1565) und Giovanni Cariani (1485–1547). Ähnlich komponierte Landschaftszeichnungen finden sich auch bei Domenico Campagnola (1484–1550). Ein vergleichbarer Zeichenduktus findet sich auch im Hintergrund einer Palma Vecchio zugeschriebenen Federzeichnung zur “Hl. Familie mit dem Johannesknaben und der Hl. Katharina” im British Museum (Inv. 1895,0915.810), einer ebenfalls Palma Vecchio zugeschriebenen Skizze in brauner Feder zur “Madonna mit Kind und einem Stifterpaar” im Teyler Museum, Haarlem (Inv. B 021). Ebenso finden sich Ähnlichkeiten mit zwei Bonifazio de’ Pitati zugeschriebenen Studien zur “Madonna mit Kind und Heiligen” in den Sammlungen der Chatsworth-Library (vgl. Jaffé 1994, Kat. 744 a, b).

Wir danken Prof. Bernard Aikema für die wissenschaftliche Unterstützung in der Zuschreibung der vorliegenden Zeichnung.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
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astrid.schierz@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900, Aquarelle, Miniaturen
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 28.04.2014 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 18.04. - 28.04.2014