Lot Nr. 101


Pierre Auguste Renoir


Pierre Auguste Renoir - Klassische Moderne

(Limoges 1841–1919 Cagnes bei Nizza)
Femme nue assise vue de trois-quarts (Baigneuse), 1915–19, mit Stempelsignatur „Renoir“ (z.T. verblasst, unten links), Öl auf Leinwand, 31 x 26 cm, gerahmt)

Das vorliegende Werk wird in den Pierre-Auguste Renoir Digital Catalogue Raisonné aufgenommen, der derzeit unter der Schirmherrschaft des Wildenstein Plattner Institute, Inc. vorbereitet wird, betitelt "Baigneuse" und datiert 1918

Provenienz:
Sotheby’s New York, 5. November 1981, Los 182 )
Sammlung Corazza Gandolfi ca. 1982 (rückseitig Stempel) )
Europäische Privatsammlung
Literatur:
A. André, M. Bernheim-Jeune (Hrsg.), L’Atelier de Renoir, Paris 1931, Bd. II, S. 171, Nr. 543 mit Abb.
G. Patrice, M. Dauberville, Renoir. Catalogue raisonné des tableaux, pastels et aquarelles, 1911–1919, Supplément I, Paris 2014, S. 427, Nr. 4346 mit Abb.

„Der Akt erschien ihm als eine der wesentlichsten Formen der Kunst.“
Berthe Morisot

Pierre-Auguste Renoir (1841–1919), einer der größten Vertreter des Impressionismus, suchte stets nach dem verborgenen Band zwischen sich selbst und dem Objekt, das er versuchte darzustellen. Obwohl er ab dem Alter von 50 Jahren von einer schweren Arthritis geplagt wurde, wurde sein technisches Können bis zuletzt allseits bewundert. Sein Sohn Jean fasste die Krankheit seines Vaters in wenigen Sätzen zusammen: „Besucher, die nicht mit seiner Entstellung vertraut waren, konnten ihren Blick nicht davon abwenden; ihre Reaktion und der Gedanke, den sie nicht auszudrücken wagten, war jener: ‚Es ist unmöglich – er kann diese Gemälde doch nicht mit diesen Händen malen; etwas Mysteriöses geht hier vor!’ Das Mysterium war Renoir selbst, ein faszinierendes Mysterium.“
1841 in Limoges geboren, zog seine Familie drei Jahre später nach Paris, wo seine künstlerische Laufbahn als Lehrling bei einem Porzellanmaler begann.
Renoir wurde am Louvre als Kopist aufgenommen, studierte Fragonard, Boucher und Rubens – finden wir denn nicht beizeiten und sogar noch Jahre später Spuren des großen flämischen Malers in Renoirs Aktmalereien? – und wurde schließlich an der École des Beaux-Arts aufgenommen, wo er Monet, Sisley und Bazille traf. Diese Freundschaft spielte eine wichtige Rolle für die Entwicklung seiner ästhetischen Prinzipien. Das Malen en plein air in den Wäldern Fontainebleaus, die Wahl seiner dargestellten Subjekte und die Kunst, Lichteffekte einzufangen, beeinflussten seine Entwicklung zu einem Maler der impressionistischen Bewegung.
„Die Eigenartigkeit deiner Haut ist fesselnd! Sie absorbiert das Licht zur Gänze. Du wirst es mir nicht glauben, aber heute Morgen bist du ganz grau. Und letztens warst du rosa, oh! Ein Rosa, das echtes Licht gar nicht besitzt! ... Du machst mich wahnsinnig, man weiß nie, was man mit dir tun soll.“
Er hielt inne und schloss seine Augen.
„Stets atemberaubend jedoch, der Akt... erzeugt so eine Markierung, am Grund... und vibriert, strotzt vor einer unglaublichen Lebenskraft, als könnte man dem Blut beim Zirkulieren durch die Muskeln zusehen!
Ah! Es gibt nichts Besseres, nichts Schöneres als einen gut gezeichneten Muskel, einen detailliert dargestellten Arm in vollem Licht, das ist eine Ausgeburt Gottes! ... Ich habe keine andere Religion, ich würde mich selbst in dieser Position, kniend, einzementieren für den Rest meines Lebens!“
Emile Zola, L’Oeuvre, 1886
Renoirs stilistische Entwicklung in der Darstellung von Akten nährt sich sowohl aus seiner frühen Erfahrung als Impressionist als auch aus dem Schock, den er erfuhr, als er mit der römischen Wandmalerei in Berührung kam und die Arbeiten der größten Meister der Renaissance, besonders Raffaels, während seiner Italienreisen kennenlernte.

Renoirs Kunststil änderte sich nach einem totalen Zusammenbruch im Rahmen seiner Italien-Erfahrung radikal: mit den Modellen der Renaissance konfrontiert, verlor er alle Gewissheit und fühlte sich zu allem Übel als künstlerischer Dilettant und überzeugte sich schrittweise selbst davon, dass er niemals auch nur irgendeine künstlerische oder zeichentechnische Begabung besessen habe.

„Raffael, der niemals unter freiem Himmel gemalt hat, hatte jedoch das Sonnenlicht studiert, denn seine Fresken sind durchdrungen davon. Im Gegensatz dazu bin ich nun, durch übermäßiges Schauen im Freien, unfähig, die großen Harmonien zu sehen und kümmere mich viel zu sehr um kleine Details, welche die Sonne verdunkeln anstatt sie zu verherrlichen.“

Das Werk, welches im Dorotheum am 27. November zur Auktion steht, ist ein Manifest für Renoirs künstlerische Hingabe, die das Herz (und die Hände) des Malers in den letzten Jahren seines Wirkens immer mehr vereinnahmte.

Die zarten Symmetrien, welche die chromatischen Harmonien des kleinen Gemäldes selbstbewusst umrahmen, machen aus ihm eine bezaubernde Miniatur voll Gefühl, welche selbst heute noch immer in der Lage ist, einen geheimen, verstohlenen Blick einzufangen und zu bewahren.

Der Versuch, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen der impressionistischen, zermürbenden Labilität visueller Wahrnehmung und dem Bedürfnis, das Raffaelitische Model mit Renoirs eigenem, bereits ausgereiftem, agilem, leichtem und schnellem Stil zu vereinen und dabei Ingres treu zu bleiben, bedeutete einen Kampf den Renoir für den Rest seines Lebens austragen würde und führte letztlich zu einem robusteren, prägnanteren Stil. Um die Konstruktion von Formen zu unterstreichen, kehrte er zu einem scharfen und präzisen Malstil zurück, der sich an Volumina orientierte, an der Stabilität von Konturen, der Monumentalität von Bildern, einer progressiven Zurückhaltung im Einsatz von Farbe, ebenso wie an einer Annäherung an eine weniger episodenhafte und stattdessen systematischere Synthese von Bildmaterial. Zudem hörte er mit der Freiluftmalerei auf und arbeitete stattdessen in einem Studio an seinen Kreationen, sich auf sein schillerndes, figürliches Reservoir stützend. Dies bedingt auch, dass Landschaften in seinen Arbeiten zunehmend rar wurden und er fand schließlich Gefallen daran, den menschlichen Körper darzustellen, besonders weibliche Akte. Er entwickelte eine eigene, solide Ikonographie, welche in der absoluten Überlegenheit der Figur zum Ausdruck kam, welche nun mit lebhaften, delikaten Pinselstrichen dargestellt wurde, die die freudvolle Stimmung des Subjekts und die Fülle seines Teints präzise festzuhalten vermochten.

28.11.2018 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 442.200,-
Schätzwert:
EUR 170.000,- bis EUR 220.000,-

Pierre Auguste Renoir


(Limoges 1841–1919 Cagnes bei Nizza)
Femme nue assise vue de trois-quarts (Baigneuse), 1915–19, mit Stempelsignatur „Renoir“ (z.T. verblasst, unten links), Öl auf Leinwand, 31 x 26 cm, gerahmt)

Das vorliegende Werk wird in den Pierre-Auguste Renoir Digital Catalogue Raisonné aufgenommen, der derzeit unter der Schirmherrschaft des Wildenstein Plattner Institute, Inc. vorbereitet wird, betitelt "Baigneuse" und datiert 1918

Provenienz:
Sotheby’s New York, 5. November 1981, Los 182 )
Sammlung Corazza Gandolfi ca. 1982 (rückseitig Stempel) )
Europäische Privatsammlung
Literatur:
A. André, M. Bernheim-Jeune (Hrsg.), L’Atelier de Renoir, Paris 1931, Bd. II, S. 171, Nr. 543 mit Abb.
G. Patrice, M. Dauberville, Renoir. Catalogue raisonné des tableaux, pastels et aquarelles, 1911–1919, Supplément I, Paris 2014, S. 427, Nr. 4346 mit Abb.

„Der Akt erschien ihm als eine der wesentlichsten Formen der Kunst.“
Berthe Morisot

Pierre-Auguste Renoir (1841–1919), einer der größten Vertreter des Impressionismus, suchte stets nach dem verborgenen Band zwischen sich selbst und dem Objekt, das er versuchte darzustellen. Obwohl er ab dem Alter von 50 Jahren von einer schweren Arthritis geplagt wurde, wurde sein technisches Können bis zuletzt allseits bewundert. Sein Sohn Jean fasste die Krankheit seines Vaters in wenigen Sätzen zusammen: „Besucher, die nicht mit seiner Entstellung vertraut waren, konnten ihren Blick nicht davon abwenden; ihre Reaktion und der Gedanke, den sie nicht auszudrücken wagten, war jener: ‚Es ist unmöglich – er kann diese Gemälde doch nicht mit diesen Händen malen; etwas Mysteriöses geht hier vor!’ Das Mysterium war Renoir selbst, ein faszinierendes Mysterium.“
1841 in Limoges geboren, zog seine Familie drei Jahre später nach Paris, wo seine künstlerische Laufbahn als Lehrling bei einem Porzellanmaler begann.
Renoir wurde am Louvre als Kopist aufgenommen, studierte Fragonard, Boucher und Rubens – finden wir denn nicht beizeiten und sogar noch Jahre später Spuren des großen flämischen Malers in Renoirs Aktmalereien? – und wurde schließlich an der École des Beaux-Arts aufgenommen, wo er Monet, Sisley und Bazille traf. Diese Freundschaft spielte eine wichtige Rolle für die Entwicklung seiner ästhetischen Prinzipien. Das Malen en plein air in den Wäldern Fontainebleaus, die Wahl seiner dargestellten Subjekte und die Kunst, Lichteffekte einzufangen, beeinflussten seine Entwicklung zu einem Maler der impressionistischen Bewegung.
„Die Eigenartigkeit deiner Haut ist fesselnd! Sie absorbiert das Licht zur Gänze. Du wirst es mir nicht glauben, aber heute Morgen bist du ganz grau. Und letztens warst du rosa, oh! Ein Rosa, das echtes Licht gar nicht besitzt! ... Du machst mich wahnsinnig, man weiß nie, was man mit dir tun soll.“
Er hielt inne und schloss seine Augen.
„Stets atemberaubend jedoch, der Akt... erzeugt so eine Markierung, am Grund... und vibriert, strotzt vor einer unglaublichen Lebenskraft, als könnte man dem Blut beim Zirkulieren durch die Muskeln zusehen!
Ah! Es gibt nichts Besseres, nichts Schöneres als einen gut gezeichneten Muskel, einen detailliert dargestellten Arm in vollem Licht, das ist eine Ausgeburt Gottes! ... Ich habe keine andere Religion, ich würde mich selbst in dieser Position, kniend, einzementieren für den Rest meines Lebens!“
Emile Zola, L’Oeuvre, 1886
Renoirs stilistische Entwicklung in der Darstellung von Akten nährt sich sowohl aus seiner frühen Erfahrung als Impressionist als auch aus dem Schock, den er erfuhr, als er mit der römischen Wandmalerei in Berührung kam und die Arbeiten der größten Meister der Renaissance, besonders Raffaels, während seiner Italienreisen kennenlernte.

Renoirs Kunststil änderte sich nach einem totalen Zusammenbruch im Rahmen seiner Italien-Erfahrung radikal: mit den Modellen der Renaissance konfrontiert, verlor er alle Gewissheit und fühlte sich zu allem Übel als künstlerischer Dilettant und überzeugte sich schrittweise selbst davon, dass er niemals auch nur irgendeine künstlerische oder zeichentechnische Begabung besessen habe.

„Raffael, der niemals unter freiem Himmel gemalt hat, hatte jedoch das Sonnenlicht studiert, denn seine Fresken sind durchdrungen davon. Im Gegensatz dazu bin ich nun, durch übermäßiges Schauen im Freien, unfähig, die großen Harmonien zu sehen und kümmere mich viel zu sehr um kleine Details, welche die Sonne verdunkeln anstatt sie zu verherrlichen.“

Das Werk, welches im Dorotheum am 27. November zur Auktion steht, ist ein Manifest für Renoirs künstlerische Hingabe, die das Herz (und die Hände) des Malers in den letzten Jahren seines Wirkens immer mehr vereinnahmte.

Die zarten Symmetrien, welche die chromatischen Harmonien des kleinen Gemäldes selbstbewusst umrahmen, machen aus ihm eine bezaubernde Miniatur voll Gefühl, welche selbst heute noch immer in der Lage ist, einen geheimen, verstohlenen Blick einzufangen und zu bewahren.

Der Versuch, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen der impressionistischen, zermürbenden Labilität visueller Wahrnehmung und dem Bedürfnis, das Raffaelitische Model mit Renoirs eigenem, bereits ausgereiftem, agilem, leichtem und schnellem Stil zu vereinen und dabei Ingres treu zu bleiben, bedeutete einen Kampf den Renoir für den Rest seines Lebens austragen würde und führte letztlich zu einem robusteren, prägnanteren Stil. Um die Konstruktion von Formen zu unterstreichen, kehrte er zu einem scharfen und präzisen Malstil zurück, der sich an Volumina orientierte, an der Stabilität von Konturen, der Monumentalität von Bildern, einer progressiven Zurückhaltung im Einsatz von Farbe, ebenso wie an einer Annäherung an eine weniger episodenhafte und stattdessen systematischere Synthese von Bildmaterial. Zudem hörte er mit der Freiluftmalerei auf und arbeitete stattdessen in einem Studio an seinen Kreationen, sich auf sein schillerndes, figürliches Reservoir stützend. Dies bedingt auch, dass Landschaften in seinen Arbeiten zunehmend rar wurden und er fand schließlich Gefallen daran, den menschlichen Körper darzustellen, besonders weibliche Akte. Er entwickelte eine eigene, solide Ikonographie, welche in der absoluten Überlegenheit der Figur zum Ausdruck kam, welche nun mit lebhaften, delikaten Pinselstrichen dargestellt wurde, die die freudvolle Stimmung des Subjekts und die Fülle seines Teints präzise festzuhalten vermochten.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Klassische Moderne
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 28.11.2018 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 17.11. - 28.11.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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