Lot Nr. 146


Heinrich Friedrich Füger


(Heilbronn 1751–1818 Wien)
Königin Semiramis,
signiert und datiert rechts unten: Füger pinx. 1800,
Öl auf Leinwand, 112,5 x 88,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Hamburg;
Kunst- und Industrie-Comptoir, Schreyvogel, Wien, 1804;
Privatsammlung, Deutschland

Literatur:
H. R. Füessli, Annalen der Bildenden Künste für die österreichischen Staaten, Bd. I, Wien 1801, S. 83;
o. V., Etwas über die Leipziger Messe, in: Journal des Luxus und der Moden, Juni 1804, S. 293 f.;
F. Von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Bd. I, Dresden 1891, S. 340, Nr. 45;
K. Wilczek, Heinrich Friedrich Füger. Seine Gemälde und Zeichnungen, Diss., Wien 1925, Nr. 87;
R. Keil, Heinrich Friedrich Füger 1751–1818. Nur wenigen ist es vergönnt das Licht der Wahrheit zu sehen, Wien 2009, S. 105, 348 f., Nr. 467, mit Abb., Nr. 80

Dieses von zeitgenössischen Kunstkritikern (siehe unten) hochgeschätzte Gemälde ist ein schönes Beispiel Fügers am Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Nach mehreren Fehlschlägen gelang es dem Künstler, das Wesen der antiken Mythologie zu erfassen und deren Themen ab der Jahrhundertwende erfolgreich umzusetzen. Schon als junger Künstler hatte sich Füger immer wieder historischen und mythologischen Sujets gewidmet, in denen Frauen eine wichtige Rolle spielten. Seiner gesamte Laufbahn hindurch konzipierte er mythologische Figuren paarweise zumeist als männliche und weibliche Gegenstücke. Bedauerlicherweise ist das Pendant zum vorliegenden Werk mit einer Darstellung des Achilles, der über den Tod des Patroklus trauert, nicht mehr auffindbar und nur durch ein Schabblatt von Vincenz Kininger (1767–1851) von 1802 bekannt, von dem sich ein Abzug im Winckelmann-Museum in Stendal (Inv.-Nr. WG-B-241) befindet. Sowohl im vorliegenden Gemälde als auch in seinem durch die Druckgrafik bekannten Gegenstück scheint die zentrale Figur von der Umgebung gelöst und fordert den Betrachter geradezu heraus, sich in die dargestellte Situation zu versetzen. Hier liegt Fügers einzigartige künstlerische Intention, dem Betrachter zum Nachdenken über seine eigene moralische Position zu bewegen. Füger erreichte dies mit der Schilderung einer sehr zurückhaltenden Mimik und Gestik, wie das vorliegende Gemälde erkennen lässt.

Die beste zeitgenössische Beschreibung dieses Bildes lieferte der Sekretär der Wiener Akademie Heinrich Rudolf Füssli: „Letztes ganz vollendetes Historiengemälde stellt die assyrische Königin Semyramis vor, die bei ihrem Putztisch sitzend, die unvermuthete Nachricht erhält, dass sich die Babylonier wider sie empört haben. Eine Komposition von vier Figuren in fast halber Lebensgröße. Die Königin, die eben mit Kämmung ihrer Haare beschäftigt war, empfängt die Botschaft von zwey ihrer Hofmänner, deren einer ein Kriegsmann ist; gegen diese wendet sie sich seitwärts, mit einer ernsten unerschrockenen u. stolzen Miene, hält in der einen Hand den Kamm, fasst mit der andern einen Theil der aus einander gelegten Haare, und scheint im Begriff zu seyn, den Ausdruck zu thun, daß diese Haare bis nach der Bestrafung der Rebellen ungekämmt bleiben sollen“ (siehe Literatur).

1804 wurde das Bild während der Messe in Leipzig gezeigt und im Journal des Luxus und der Moden beschrieben: „Eine Semiramis von Füger […] wer könnte das Gesicht der schönen Königin, ihre Würde, ihre Grazie, den Schreck so trefflich ausgedrückt bewundern, ohne zu wünschen, dass er auch 150 Louis in der Tasche hätte, um das reizende Bild sein nennen zu können“ (siehe Literatur).

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

24.04.2024 - 18:00

Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 60.000,-

Heinrich Friedrich Füger


(Heilbronn 1751–1818 Wien)
Königin Semiramis,
signiert und datiert rechts unten: Füger pinx. 1800,
Öl auf Leinwand, 112,5 x 88,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Hamburg;
Kunst- und Industrie-Comptoir, Schreyvogel, Wien, 1804;
Privatsammlung, Deutschland

Literatur:
H. R. Füessli, Annalen der Bildenden Künste für die österreichischen Staaten, Bd. I, Wien 1801, S. 83;
o. V., Etwas über die Leipziger Messe, in: Journal des Luxus und der Moden, Juni 1804, S. 293 f.;
F. Von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Bd. I, Dresden 1891, S. 340, Nr. 45;
K. Wilczek, Heinrich Friedrich Füger. Seine Gemälde und Zeichnungen, Diss., Wien 1925, Nr. 87;
R. Keil, Heinrich Friedrich Füger 1751–1818. Nur wenigen ist es vergönnt das Licht der Wahrheit zu sehen, Wien 2009, S. 105, 348 f., Nr. 467, mit Abb., Nr. 80

Dieses von zeitgenössischen Kunstkritikern (siehe unten) hochgeschätzte Gemälde ist ein schönes Beispiel Fügers am Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Nach mehreren Fehlschlägen gelang es dem Künstler, das Wesen der antiken Mythologie zu erfassen und deren Themen ab der Jahrhundertwende erfolgreich umzusetzen. Schon als junger Künstler hatte sich Füger immer wieder historischen und mythologischen Sujets gewidmet, in denen Frauen eine wichtige Rolle spielten. Seiner gesamte Laufbahn hindurch konzipierte er mythologische Figuren paarweise zumeist als männliche und weibliche Gegenstücke. Bedauerlicherweise ist das Pendant zum vorliegenden Werk mit einer Darstellung des Achilles, der über den Tod des Patroklus trauert, nicht mehr auffindbar und nur durch ein Schabblatt von Vincenz Kininger (1767–1851) von 1802 bekannt, von dem sich ein Abzug im Winckelmann-Museum in Stendal (Inv.-Nr. WG-B-241) befindet. Sowohl im vorliegenden Gemälde als auch in seinem durch die Druckgrafik bekannten Gegenstück scheint die zentrale Figur von der Umgebung gelöst und fordert den Betrachter geradezu heraus, sich in die dargestellte Situation zu versetzen. Hier liegt Fügers einzigartige künstlerische Intention, dem Betrachter zum Nachdenken über seine eigene moralische Position zu bewegen. Füger erreichte dies mit der Schilderung einer sehr zurückhaltenden Mimik und Gestik, wie das vorliegende Gemälde erkennen lässt.

Die beste zeitgenössische Beschreibung dieses Bildes lieferte der Sekretär der Wiener Akademie Heinrich Rudolf Füssli: „Letztes ganz vollendetes Historiengemälde stellt die assyrische Königin Semyramis vor, die bei ihrem Putztisch sitzend, die unvermuthete Nachricht erhält, dass sich die Babylonier wider sie empört haben. Eine Komposition von vier Figuren in fast halber Lebensgröße. Die Königin, die eben mit Kämmung ihrer Haare beschäftigt war, empfängt die Botschaft von zwey ihrer Hofmänner, deren einer ein Kriegsmann ist; gegen diese wendet sie sich seitwärts, mit einer ernsten unerschrockenen u. stolzen Miene, hält in der einen Hand den Kamm, fasst mit der andern einen Theil der aus einander gelegten Haare, und scheint im Begriff zu seyn, den Ausdruck zu thun, daß diese Haare bis nach der Bestrafung der Rebellen ungekämmt bleiben sollen“ (siehe Literatur).

1804 wurde das Bild während der Messe in Leipzig gezeigt und im Journal des Luxus und der Moden beschrieben: „Eine Semiramis von Füger […] wer könnte das Gesicht der schönen Königin, ihre Würde, ihre Grazie, den Schreck so trefflich ausgedrückt bewundern, ohne zu wünschen, dass er auch 150 Louis in der Tasche hätte, um das reizende Bild sein nennen zu können“ (siehe Literatur).

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 24.04.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.04. - 24.04.2024