Lot Nr. 45 -


Hans (Jean) Arp *


Hans (Jean) Arp * - Moderne

(Straßburg 1886–1966 Basel)
Fronde et nombrils (Schlinge und Nabel), 1926, auf der Rückseite signiert H Arp, Öl auf Karton, Ausschnitt, 61,5 x 50 cm, gerahmt

Provenienz:
Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, e. V., Rolandseck
Sammlung Sal Oppenheim, Köln

Ausgestellt:
Paris, Galerie Denise René, Hommage an Jean Arp, Juni-Juli 1974
Mont-de-Marsan, Musée Despiau-Wlérick, 1977 (Etikett)
London, Hayward Gallery, Dada and Surrealism Reviewed, 11. Januar - 27. März 1978
Madrid, Museo Espanol de Arte Contemporáneo, Jean Arp, Esculturas, relieves, obra sobre papel, tapices, 25. Februar-15. April 1985
Remagen, Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e. V., Arp Museum Bahnhof Rolandseck, 25. Mai - 20. August 1986, Zürich, Kunsthaus 5. Juli - 7. September 1986, Stadt Kindberg, Galerie K Walter Buchebner Gesellschaft, 24. Oktober - 22. November 1986
Bern, Kunstmuseum Bern, 1988, Remagen, Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e. V., Arp Museum Bahnhof Rolandseck, 1988-89, Wuppertal, Von der Heydt-Museum, 1989
Künzelsau, Museum Würth, Hans Arp, Eine Übersicht, Arbeiten aus den Jahren 1912-1965, 8. September - 31. Dezember 1994

Literatur:
Bernd Rau (Hrsg.): Hans Arp - Die Reliefs. Oeuvre-Katalog, Stuttgart 1981, S. 55, WV-Nr. 100, mit Abb.
Hans Bolliger, Guido Magnaguagno, Christian Witzig (Hrsg.): Hans Arp. Zum 100. Geburtstag (1886-1966); ein Lese- und Bilderbuch, Zürich 1986, Nr. 101 (Abb.).
Sandor Kuthy (Hrsg.): Sophie Taeuber-Hans Jean Arp: Künstlerpaare-Künstlerfreunde, Bern 1988, S. 121, Nr. 48 (Abb.)
Serge Fauchereau, Arp, Recklinghausen 1994, S. 43, Nr. 23, mit Abb.

Im Frühjahr 1926 lassen sich Hans Arp und Sophie Taeuber in Straßburg nieder. Während sie zusammen mit Theo van Doesburg einen Großauftrag zum Ausbau und der Innengestaltung des Vergnügungskomplexes „Aubette“ ausführen, entstehen zahlreiche Reliefs und Gemälde, in denen Arp bis 1929 das Gestaltungsprinzip der Kontrastierung von Masse und Leere vertieft:

Um 1915 entwickelt Arp in der Grafik eine Methode, positive und negative Werte auf einander reagieren zu lassen, die schließlich in dem Vertauschen beider Funktionen in den Tuschezeichnungen aus der Dada Zeit ihren Höhepunkt findet. In diesen Arbeiten schlagen positive Formen in negative Formen um. Er zeichnet mit Bleistift in locker geschwungenen, unregelmäßigen Strichen, und wenn die Zeichnung fertig ist, malt er die Flächen als Vorläufer der Leerformen gleichmäßig mit schwarzer Tusche aus.
Das cutout, welches sich in „Schleuder und Nabel“, in mittlerer Bildhöhe am linken Rand der Schleuder befindet, durchbricht die Kartonfläche und gibt den Blick auf die dahinterliegende Fläche frei um sie als Reliefgrund mit ein zu beziehen. Bei Änderung des Betrachter Standpunktes bewegt der Schlagschatten den dahinterliegenden Raum. Dies stellt eine Vorwegnahme der späteren Plastik, in der durch Leerformen der Zwischenraum aktiviert wird, dar.

Das Verfahren des Ersetzens eines positiven Wertes durch einen negativen Wert gehört zusammen mit der wellenartig ein- und aus schwenkenden Begrenzung der Form zu Arps festem Bestand an Gestaltungsprinzipien. Als weiteres Prinzip kommen die Schichtung und Reihung verschiedener Elemente hinzu. Bei der Zusammensetzung dieser Elemente war er bestrebt neue Bedeutungs- und Bildschichten zu entdecken und sie als gestalterische Kräfte einzusetzen. Er verwarf die getreue Wiedergabe der Natur zu Gunsten von Anspielungen auf natürliche Erscheinungen und Prozesse. Die asymmetrischen Bewegungen seiner Linien und Formen – ob sinnlich gebogen, geschlängelt oder konzentrisch – suggerieren das Vorhandensein von Zweigen, Blättern und Steinen; doch was noch wichtiger ist: Sie beschwören die natürlichen Zyklen des Keimens, Wachsens, Reifens, Verfallens und der Erosion herauf.

Ein biomorphes Erfassen seiner Elemente eröffnete Arp einen zweiten Weg zur Vieldeutigkeit der Formen. Dabei wurde der organische Prozess der Metamorphose zum Vorbild. 1917 gelang es ihm, durch intensive Naturbetrachtungen verschiedenartige Aspekte der Naturzyklen und Wachstumsvorgänge in ovalen und amöbenartigen Formen zu vereinigen. Eine Vielzahl der Reliefs von 1926 sind auch abwechselnd als Auge, Kopf, Ei, Keim und Punkt von Arps Vorliebe für den Nabel abgeleitet. Der Kreis ist die einzige geometrische Form, die auf Arp eine derartige Faszination ausübte, dass sie jenseits des Problems von Geometrie und Nicht- Geometrie steht. Als abgewandelte Grundform bestimmte sie Arps bildnerisches Arbeiten seit seinem Durchbruch um 1915; das Symbol des Nabels als das Symbol für äußere Kreisform wie für Inneres Zentrum zieht sich durch Arps ganzes Werk. Die Nabel wirken stehts als Sinnbilder der Verwandlung und des Werdens der Körper und prägten Arps Formensprache bis zu seinem Tod.

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
+49 211 2107747

petra.schaepers@dorotheum.de

30.11.2021 - 18:00

Schätzwert:
EUR 280.000,- bis EUR 360.000,-

Hans (Jean) Arp *


(Straßburg 1886–1966 Basel)
Fronde et nombrils (Schlinge und Nabel), 1926, auf der Rückseite signiert H Arp, Öl auf Karton, Ausschnitt, 61,5 x 50 cm, gerahmt

Provenienz:
Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, e. V., Rolandseck
Sammlung Sal Oppenheim, Köln

Ausgestellt:
Paris, Galerie Denise René, Hommage an Jean Arp, Juni-Juli 1974
Mont-de-Marsan, Musée Despiau-Wlérick, 1977 (Etikett)
London, Hayward Gallery, Dada and Surrealism Reviewed, 11. Januar - 27. März 1978
Madrid, Museo Espanol de Arte Contemporáneo, Jean Arp, Esculturas, relieves, obra sobre papel, tapices, 25. Februar-15. April 1985
Remagen, Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e. V., Arp Museum Bahnhof Rolandseck, 25. Mai - 20. August 1986, Zürich, Kunsthaus 5. Juli - 7. September 1986, Stadt Kindberg, Galerie K Walter Buchebner Gesellschaft, 24. Oktober - 22. November 1986
Bern, Kunstmuseum Bern, 1988, Remagen, Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e. V., Arp Museum Bahnhof Rolandseck, 1988-89, Wuppertal, Von der Heydt-Museum, 1989
Künzelsau, Museum Würth, Hans Arp, Eine Übersicht, Arbeiten aus den Jahren 1912-1965, 8. September - 31. Dezember 1994

Literatur:
Bernd Rau (Hrsg.): Hans Arp - Die Reliefs. Oeuvre-Katalog, Stuttgart 1981, S. 55, WV-Nr. 100, mit Abb.
Hans Bolliger, Guido Magnaguagno, Christian Witzig (Hrsg.): Hans Arp. Zum 100. Geburtstag (1886-1966); ein Lese- und Bilderbuch, Zürich 1986, Nr. 101 (Abb.).
Sandor Kuthy (Hrsg.): Sophie Taeuber-Hans Jean Arp: Künstlerpaare-Künstlerfreunde, Bern 1988, S. 121, Nr. 48 (Abb.)
Serge Fauchereau, Arp, Recklinghausen 1994, S. 43, Nr. 23, mit Abb.

Im Frühjahr 1926 lassen sich Hans Arp und Sophie Taeuber in Straßburg nieder. Während sie zusammen mit Theo van Doesburg einen Großauftrag zum Ausbau und der Innengestaltung des Vergnügungskomplexes „Aubette“ ausführen, entstehen zahlreiche Reliefs und Gemälde, in denen Arp bis 1929 das Gestaltungsprinzip der Kontrastierung von Masse und Leere vertieft:

Um 1915 entwickelt Arp in der Grafik eine Methode, positive und negative Werte auf einander reagieren zu lassen, die schließlich in dem Vertauschen beider Funktionen in den Tuschezeichnungen aus der Dada Zeit ihren Höhepunkt findet. In diesen Arbeiten schlagen positive Formen in negative Formen um. Er zeichnet mit Bleistift in locker geschwungenen, unregelmäßigen Strichen, und wenn die Zeichnung fertig ist, malt er die Flächen als Vorläufer der Leerformen gleichmäßig mit schwarzer Tusche aus.
Das cutout, welches sich in „Schleuder und Nabel“, in mittlerer Bildhöhe am linken Rand der Schleuder befindet, durchbricht die Kartonfläche und gibt den Blick auf die dahinterliegende Fläche frei um sie als Reliefgrund mit ein zu beziehen. Bei Änderung des Betrachter Standpunktes bewegt der Schlagschatten den dahinterliegenden Raum. Dies stellt eine Vorwegnahme der späteren Plastik, in der durch Leerformen der Zwischenraum aktiviert wird, dar.

Das Verfahren des Ersetzens eines positiven Wertes durch einen negativen Wert gehört zusammen mit der wellenartig ein- und aus schwenkenden Begrenzung der Form zu Arps festem Bestand an Gestaltungsprinzipien. Als weiteres Prinzip kommen die Schichtung und Reihung verschiedener Elemente hinzu. Bei der Zusammensetzung dieser Elemente war er bestrebt neue Bedeutungs- und Bildschichten zu entdecken und sie als gestalterische Kräfte einzusetzen. Er verwarf die getreue Wiedergabe der Natur zu Gunsten von Anspielungen auf natürliche Erscheinungen und Prozesse. Die asymmetrischen Bewegungen seiner Linien und Formen – ob sinnlich gebogen, geschlängelt oder konzentrisch – suggerieren das Vorhandensein von Zweigen, Blättern und Steinen; doch was noch wichtiger ist: Sie beschwören die natürlichen Zyklen des Keimens, Wachsens, Reifens, Verfallens und der Erosion herauf.

Ein biomorphes Erfassen seiner Elemente eröffnete Arp einen zweiten Weg zur Vieldeutigkeit der Formen. Dabei wurde der organische Prozess der Metamorphose zum Vorbild. 1917 gelang es ihm, durch intensive Naturbetrachtungen verschiedenartige Aspekte der Naturzyklen und Wachstumsvorgänge in ovalen und amöbenartigen Formen zu vereinigen. Eine Vielzahl der Reliefs von 1926 sind auch abwechselnd als Auge, Kopf, Ei, Keim und Punkt von Arps Vorliebe für den Nabel abgeleitet. Der Kreis ist die einzige geometrische Form, die auf Arp eine derartige Faszination ausübte, dass sie jenseits des Problems von Geometrie und Nicht- Geometrie steht. Als abgewandelte Grundform bestimmte sie Arps bildnerisches Arbeiten seit seinem Durchbruch um 1915; das Symbol des Nabels als das Symbol für äußere Kreisform wie für Inneres Zentrum zieht sich durch Arps ganzes Werk. Die Nabel wirken stehts als Sinnbilder der Verwandlung und des Werdens der Körper und prägten Arps Formensprache bis zu seinem Tod.

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
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Auktion: Moderne
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 30.11.2021 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: Online