(Basel 1934–2013 Wien)
Ohne Titel, Rotationsbild /Spin painting, auf der Rückseite signiert, datiert Schilling 62, Dispersion auf Leinwand, Durchmesser 215,5 cm, über Holzrahmen gespannt

Die über zwei Meter im Durchmesser großen Rundbilder von Alfons Schilling entstanden in Paris 1962 in seinem Atelier in der Rue de la Glaciere, 39

Provenienz:
Aus dem Nachlass des Künstlers
Privatsammlung, Wien

Ich las Henry Miller und Rimbaud, hörte Musik von Krenek und Alban Berg, die Zeit sprach, sofern man sie wahrnehmen konnte, von der Überwindung der Simultaneität durch die informelle Tat, Prachensky malte in Rot gegen die vom Krieg noch immer ergraute Stadt, Nitsch, den ich damals noch nicht kannte, malte mit Blut, die Flaktürme waren Architektur geworden, Otto Mauers schwarzer Schutzraum war mir zu lyrisch, zu wenig aggressiv in einer zu Veränderung drängenden Welt, ich wollte links und linkisch malen. Damals wohnte und arbeitete ich in einem zweiräumigen Keller in der Messenhausergasse im 3. Bezirk und war in einer Phase, in der ich versuchte, den Vorgang und die Aktion des Malens in den Raum auszudehnen, es sollte die Agitation räumlich vor die Bildfläche verlagert auch so gesehen werden, mir schwebte eine Revolution des Bildträgers vor, als Netzhaut der Anstrengung, als beiläufiges Relikt einer bestimmten Handlung, als Plan von Energien, wobei der Bildträger, später in Bewegung versetzt, vom Herbst 61 an kreisförmig bewegt, um auch den letzten Anker, den der Gravitation über Bord zu werfen, dann motorisiert, sich immer schneller zu drehen begann, was zwar den Eingriff erschwerte andererseits jedoch eine Dynamisierung des Sehvorgangs bedeutete, um sich schlußendlich als Explosion auszudrücken, als planetarische Fliehkraft, als kosmische Form.
Alfons Schilling, 1989